Cécile Réal, Geschäftsführerin Endodiag

In Frankreich leiden 2,5 Millionen Frauen an Endometriose. Weltweit sind mehr als 180 Millionen davon betroffen. Wenig bekannt, lange tabuisiert, war diese Pathologie bisher schwer zu diagnostizieren. Ein Hindernis für die frühzeitige Behandlung der Krankheit, das Endodiag beseitigen will. Ein Gespräch mit Cécile Réal, Geschäftsführerin dieses Biotech-Start-ups.

Technologie-Wandel

Die Endometriose betrifft heute 1 von 10 Frauen, ist aber noch wenig bekannt. Worum geht es?

Endometriose ist eine Erkrankung, die Frauen im gebärfähigen Alter betrifft. Sie wird durch ein dem Endometrium ähnliches Gewebe, d.h. Gewebe, das die Gebärmutter auskleidet, verursacht. Es wächst außerhalb der Gebärmutter und verursacht Läsionen, Verwachsungen und Zysten in den kolonisierten Organen (Eierstöcke, Blase, Dickdarm, Darm), wobei diese Läsionen und Zysten sehr schmerzhaft und insbesondere während der Menstruation behindernd sind. 40% der von dieser Erkrankung betroffenen Frauen leiden auch an ernsthaften Unfruchtbarkeitsproblemen. Bis heute gibt es keine definitive Behandlung und nur eine frühe Diagnose könnte die Auswirkungen dieser fortschreitenden Krankheit eingrenzen. Man nimmt jedoch derzeit an, dass die Endometriose erst 7 bis 9 Jahre nach Auftreten der ersten Symptome diagnostiziert wird.

40% der betroffenen Frauen leiden an Unfruchtbarkeit

Warum kommt es erst so spät zu einer Diagnose?

Die Krankheit ist in der breiten Öffentlichkeit sowie in medizinischen Fachkreisen nach wie vor kaum bekannt. Die Symptome der Endometriose (Unterleibsschmerzen, Unfruchtbarkeit) treten im Verlauf vieler Krankheiten auf. Es gibt keine einfachen Tests zum Nachweis dieser Krankheit, die viele Formen annehmen kann. Die bilddiagnostischen Methoden können Anomalien anzeigen, aber nur ein chirurgischer Eingriff kann bestätigen, dass es sich tatsächlich um Endometriose handelt.

Und daher arbeitet Endodiag an dieser diagnostischen Phase...

Ja. Vor etwa zehn Jahren wurde mir im Gespräch mit Angehörigen, die von der Krankheit betroffen waren, bewusst, welches körperliche und psychische Leiden durch dieses „Umherirren“ bei der Diagnose in ihrem Leben verursacht wurde und auf welches Unverständnis sie im familiären und beruflichen Umfeld stießen. Damals lernte ich meine zukünftigen Mitarbeiter kennen, Fachleute aus der Medizin, die Forschungsarbeiten für ein besseres Verständnis der Krankheit führten. Gemeinsam haben wir Endodiag gegründet, mit der Überzeugung, dass eine schnellere und genauere Diagnose der Krankheit das Leben der Patientinnen verändern könnte.

Welche Fortschritte konnte Ihre Forschung nun verzeichnen?

Nach einer langen Phase der explorativen Forschung, die sich auf nur spärlich vorhandene Vorarbeiten von Wissenschaftlern stützten, gefolgt von der Analyse von Patientenproben aus der ganzen Welt, konnten wir an verschiedenen Hypothesen arbeiten und neue diagnostische Ansatzpunkte, insbesondere für Blut-Biomarker, entwickeln. Im Jahr 2018 haben wir eine weltweite klinische Studie gestartet, um diese Hypothesen in großem Maßstab zu validieren. Die Covid-19-Krise wird uns etwas Verspätung aufzwingen, weil klinische Studien ohne schwerwiegende Pathologien in der ganzen Welt auf Eis gelegt wurden. Wir verfügen jedoch bereits jetzt über ein ausreichendes Datenvolumen, um noch in diesem Jahr mit der Phase der industriellen Umsetzung und der behördlichen Homologation der Tests zu beginnen und arbeiten auf eine Kommerzialisierung bis Ende 2021 hin.

Die internationale Dimension ist ein Parameter, der so bald wie möglich zu berücksichtigen ist

Welches sind rückblickend die größten Schwachpunkte für die erfolgreiche Durchführung eines solchen Projekts?

Bei einem so komplizierten und langwierigen Projekt ist die ausgewogene Zusammensetzung aus Fachkompetenzen und die Fähigkeit, diese zum geeigneten Zeitpunkt einzusetzen, ein Schlüsselfaktor. Dies gilt auch für unsere Finanzierungspartner. Die internationale Dimension ist ebenfalls ein Parameter, der so früh wie möglich zu berücksichtigen ist, vor allem durch den Aufbau klinischer und wissenschaftlicher Kooperationen.

Experten-Meinung

photo de Karine Lignel

Karine Lignel, Generaldirektorin des Crédit Mutuel Innovation

Eine einfache, schnelle und nicht-invasive Diagnose ermöglichen, um die Lebensqualität der Frauen zu verbessern und Erleichterung zu verschaffen.

An Endometriose leidende Frauen können in ihrem persönlichen und beruflichen Leben, aber auch in Bezug auf ihrem Kinderwunsch, sehr beeinträchtigt werden. Es erscheint uns wesentlich, ihnen zu ermöglichen, frühzeitig zu erfahren, ob sie von dieser Pathologie betroffen sind, ohne sich einer Operation unterziehen zu müssen, und sich somit so früh wie möglich einer Behandlung unterziehen zu können. Das Team von Endodiag, sowohl was die Gründungsmitglieder, als auch die Mitarbeiter anbelangt, verfügt über hervorragende und sich ergänzende Kompetenzen, die es ermöglicht haben, an einer schnellen und nicht-invasiven Diagnose zu arbeiten und so die Schmerzen und Sorgen der betroffenen Frauen zu lindern. Unsere Präsenz an ihrer Seite entspricht unserem Wunsch, Innovationen zu beschleunigen und zu unterstützen, die einen wirklichen Einfluss auf unsere Gesellschaft haben.

Endodiag kurz dargestellt:

2011 Gründung der Endodiag

20 Mitarbeiter

2018 Beginn einer weltweiten klinischen Studie an 1 000 Patientinnen

Endodiag wurde vor 10 Jahren von 4 Partnern mit komplementären Profilen gegründet: Cécile Réal, biomedizinische Ingenieurin und Unternehmerin, Jean Bouquet de Jolinière, Chirurg der Fachbereiche Frauenheilkunde-Geburtshilfe, Jean Gogusev, Spezialist für pathologische Anatomie und Patrick Henri, auf Biotechnologien spezialisierter Unternehmensentwickler.

Begleitet von privaten Investoren, darunter dem Crédit Mutuel Innovation, kommt dieser Start-Up auch Unterstützung durch die öffentliche Hand zugute. Aufgrund des Umfangs ihrer Forschungsarbeiten im Bereich neuer Methoden zur Diagnose der Endometriose hat das Unternehmen 2017 eine bedeutende Finanzierung seitens der Europäischen Kommission erhalten (H2020-SME Instrument).

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